Wer hat sich noch nicht darüber geärgert, wie schlecht man mit dem Auto aus Roßdorf durch Darmstadt kommt? 30 bis 45 Minuten muss man für diese kurze Strecke manchmal einplanen.
„Wenn der Luftreinhalteplan in 2019 greift, gibt es auch noch gesperrte Straßen. Weitere Staus im Autoverkehr sind programmiert“ befürchten Autofahrer.
Aber:
Seit 1999 gelten europaweit Grenzwerte für die Luftbelastung, die vor allem dem vorsorglichen Schutz von Schwächeren, Kranken, Kindern und Schwangeren dienen, die nicht in Gebiete mit sauberer Luft ausweichen können.
Die Weltgesundheitsorganisation hat die Grenzwerte auf wissenschaftlicher Basis empfohlen.
Die EU hat sie auch mit den Stimmen der CDU/CSU und FDP EU-weit zum Gesetz gemacht. Schon vergessen? Alle Länderparlamente haben das als verbindliches Gesetz festgelegt.
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt sogar noch strengere Grenzwerte auf Grundlage der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Grenzwerte kann man anzweifeln. Aber wenn ein Verkehrsschild sagt: „Hier gilt als Grenzwert Tempo 30“ kann man über die Sinnhaftigkeit diskutieren, aber man kriegt eine Strafe, wenn man dagegen verstößt.
In diesem Fall war es das Land Hessen, das vom Verkehrsclub Deutschland und der Umwelthilfe verklagt wurde, weil das Land in Darmstadt zu wenig für die Einhaltung der Grenzwerte für die Luftbelastung getan habe.
Kurz vor einem Urteil wegen der vermuteten Untätigkeit der Politiker geschah das sehr seltene: Es gab eine Einigung. Erst außergerichtlich, dann per Gerichtsbeschluss verbindlich.
„Zum ersten Mal in Deutschland ist es nach einer Klage zur Luftreinhaltung gelungen, eine Lösung durch Gespräche politisch zu gestalten und so zu verhindern, dass ein Gericht Maßnahmen erzwingt“, erklärt Angela Dorn als umweltpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. „Das war möglich, weil das Umweltministerium und die Stadt Darmstadt bereits viel für bessere Luft und einen weniger gesundheitsschädlichen Verkehr unternommen haben. Mit dem Green-City-Plan als Herzstück des Luftreinhalteplans sind die Weichen für eine moderne Mobilität und mehr Lebensqualität für die Anwohnerinnen und Anwohner gestellt.“
Das Bild über diesem Artikel zeigt einen typischen Stau in Roßdorfs Mitte. Kennen wir also auch.
Roßdörfer sind ja nicht nur Autofahrer, sondern auch Radfahrer, Nutzer des Öffentlichen Nahverkehrs und Fußgänger.
Das Verkehrskonzept Darmstadt gilt auch für sie. Bessere Radverbindungen ins Umland (der Radweg nach Roßdorf wird gerade saniert) und in Darmstadt (da ist trotz systematischer Förderung noch viel zu tun). Der Öffentliche Nahverkehr wird immer attraktiver. Beinah überall gibt es eigene Spuren für Bus und Straßenbahn.
Zur Luftreinhaltung gehört auch die Parkraumbewirtschaftung, also auf Deutsch: Parken kostet etwas. Wer kennt nicht das Grönemeyer-Lied „“ Ich drehe schon seit Stunden hier so meine Runden […] ich finde keinen Parkplatz, ich komm‘ zu spät zu dir, mein Schatz.“ Das macht auch Dreck in der Luft. Mit dem Bus wäre er schon lang am Ziel.
Ohne ein Luftreinhaltekonzept kommt keine Großstadt aus, insbesondere keine Pendlerstadt. Darmstadt bemüht sich darum, denn Luftreinhaltung dient den Schwächeren: Das Vorsorgeprinzip gilt
Sehr verkürzt: Raucher fallen beispielsweise auch nicht sofort tot um, obwohl sie tödliche Schadstoffe einatmen. Aber sie können aufhören. Anwohner können das bei Luftschadstoffen nicht.
Der Knackpunkt ist: Bundesregierung und Bundestag haben bei verbindlichen Vorgaben für die Autoindustrie versagt. Wer vor wenigen Jahren das beste verfügbare Auto gekauft hat, wurde betrogen.
Für die Grünen: Frieder Kaufmann 29.1.2019
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