„Was war für euch heute das wichtigste“ fragten wir die Teilnehmer des Ökospaziergangs. „Es war eine lebendige Podiumsdiskussion ohne Podium und in der freien Natur und mit ganz vielen Themen zu denen wir viel Neues gelernt haben“ war die Antwort. Die zahlreichen Teilnehmer, darunter viele Landwirte, brachten unter zwangloser Moderation der Grünen ihre Fragen und ihr Fachwissen durchaus kontrovers ein, aber sehr fair im Umgang.
Landschaftsplaner Ralf Theurer erläuterte, dass Bachrenaturierung zwingend nötig ist, weil die knallharte europäische Gesetzgebung (Wasserrahmenrichtlinie) alle Länder verpflichtet, die Bäche wieder in einen „guten Zustand“ zu versetzen. Es gibt genug Fördergelder dafür, aber es hapert an den nötigen Flächen und am Personalengpass beim Amt für Bodenmanagement (früher Flurbereinigung). Seit 9 Jahren läuft das Programm. Es begann mit dem SILEK, bei dem Bürger in 3 Arbeitsgruppen Maßnahmen und Projekte entwickelten. Im Jahr 2012 begann das Flurbereinigungsverfahren, bei dem in enger Abstimmung mit dem Landwirten die Maßnahmen konkretisiert und der Flächentausch vorbereitet wurde. Ohne die Zusammenarbeit Theurers und des Umweltbeauftragten der Gemeinde, Rainer Landzettel, wären wir noch nicht auf dem heutigen Stand.
Die Planung ist seit 2016 weitgehend fertiggestellt, aber es fehlt noch die Genehmigung durch die Genehmigungsbehörde, weil Personal für die Umsetzung fehlt.
Wie toll so eine Renaturierung geht sahen wir am Erbsenbach. „Kommen Sie an den Bachrand und sehen Sie, mit welch einfachen Mitteln aus einer Steinrinne wieder ein Bach werden kann, wenn der „Eigendynamik“ Raum gegeben wird und clevere Umweltschützer für wenig Kosten mit dem Bagger und guten Ideen anrücken“ luden wir die Teilnehmer ein. Die Kosten für die 400 Meter Renaturierung liegen in der Größenordnung eines neuen VW-Busses.
Im Moment ist der Erbsenbach sehr trocken. Aber durch den Wegfall der letzten einen Meter hohen Sperrmauer am Ortsrand von Gundernhausen ist er wieder für Wasserlebewesen mit der Gersprenz verbunden.
Der Ökolandwirt Dr. Prinz Felix zu Löwenstein hielt am „Blühstreifen“ an der Weißmühle ein leidenschaftliches Plädoyer für den Umstieg auf biologischen Landbau. „Wir sehen in den konventionellen Landwirten nicht die Bösen, und in den Ökos nicht die Guten. Sondern es geht einfach um den Erhalt unserer Lebensgrundlagen“. „Auch wir fühlen uns der Nachhaltigkeit verpflichtet“ meinte der konventionell arbeitende Ortslandwirt Rück.
Der Blühstreifen selbst ist zwar sehr schmächtig, aber alle Beteiligten sahen darin einen Schritt in die richtige Richtung. „Wissenschaftlich zweifelsfrei erwiesen ist, dass seit den letzten 27 Jahren 75% der Biomasse der Fluginsekten nicht mehr da sind. Das heißt, dass ganze Nahrungsketten zusammenbrechen. Das greift ins ganze Ökosystem von Pflanzen und Tieren massiv ein. Wir müssen umsteuern“ sagte Felix zu Löwenstein.
Martina Feldmayer von den Landtagsgrünen nutzte den Rundgang, um auf den viel zu starken Flächenverbrauch hinzuweisen, der durch Siedlungsbau und Gewerbeflächen entsteht. „Das kann so nicht weiter gehen. Unser langfristiges Ziel ist die Netto-Null beim Flächenverbrauch, Es ist uns ein wichtiges Anliegen, hochwertige landwirtschaftliche Böden besonders zu schützen. Zur Eindämmung des Flächenverbrauchs setzen wir uns das Ziel der Reduktion auf unter 2 ha pro Tag bis 2030, in ganz Hessen. Um das Jahr 2000 waren das noch 4 ha pro Tag. Unvorstellbar.“
Beim Rundgang konnten Teilnehmer direkt sehen, wie in den 50-er Jahren mit schweren Steinen gemauerte Rinnen angelegt wurden. Es gibt sie noch. Direkt neben dem Biotop.
„Es müsste sich viel mehr tun“ fasste ein Teilnehmer zusammen „Es fehlen die Flächen und die Umsetzer.“ Das gaben wir Martina Feldmayer für Wiesbaden mit.
Für die Grünen: Frieder Kaufmann
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