Ein Blick über den Tellerrand, gar nicht weit weg von Roßdorf, aber mit den gleichen Problemen und mit Lösungsideen aus der gleichen kommunalen Praxis.

Diese jungen Leute waren sehr froh, als sie aus den Bruchbuden der früheren Container an der Zahlwaldhalle in halbwegs vernünftige Wohnungen in Roßdorf umziehen konnten. Mit neuen (sehr preisgünstigen) Möbeln. Wir GRÜNE haben tatkräftig geholfen.

Ein Bürgermeister aus einer Stadt in unserer Nähe, der auch für Geflüchtete und Soziales zuständig ist, hat eine sehr klare Meinung zu langfristiger Integrationspolitik, die auch für Roßdorf ein Gedankenanstoß sein kann, und zeigt wie es auch anders geht.

 Die von Januar bis August diesen Jahres gestellten 200.000 Erstanträge auf Asyl sind für ihn nur ein Bruchteil der Anträge, die wir zwischen 2015 und 2017 hatten.

„Und was uns damals nicht überlastet hat, kann uns auch heute nicht überlasten. Entweder bereitet man sich darauf vor oder man fühlt sich im Nachgang überlastet und überfordert.“

Und jetzt wird es auch für Roßdorf sehr konkret: Denn beim Thema bezahlbarer Wohnraum für ALLE gibt es hier nur sehr wenig Umsetzung.

 „Es gibt den Königsteiner Schlüssel, der festlegt, wie die Geflüchteten in der Bundesrepublik aufzuteilen sind – auf die Länder und von da auf die Kreise und die Gemeinden. Wenn ich also weiß, wie viele Menschen ins Land kommen, kann ich Pi mal Daumen vorhersagen, wie viele Menschen in einigen Monaten bei uns in der Stadt untergebracht und versorgt werden müssen.

Man muss in der Flüchtlingspolitik viel vorausschauender planen.

 Das betrifft Kita-Plätze, Schulen und Wohnungen.

Die Debatte, die die Städte und Gemeinden jetzt führen, hat aus meiner Sicht nur bedingt mit der Anzahl der Geflüchteten zu tun. Vielmehr mit dem mangelnden finanzpolitischen Spielraum insgesamt. Städte und Gemeinden könnten viel mehr, wenn sie vernünftig ausgestattet würden.“

2016 haben wir für vier Monate eine Turnhalle gebraucht, aber anschließend in der Niedrigzinsphase neun Unterkünfte in Wohngebieten gebaut. Die haben familienfreundliche Einheiten Häusern für 68 oder 98 Menschen. für jeweils sechs Personen

Mit diesen Einrichtungen haben wir über 700 Plätze für Geflüchtete geschaffen, davon zehren wir noch heute.“

„Man muss frühzeitig planen. Wenn ich immer nur am Rande meiner Kapazität operiere und mit teuren Provisorien arbeite – hier noch ein Container und da noch ein Hotel – dann habe ich ein Problem. Auch wir kommen ohne das ein oder andere Provisorium oft nicht aus.

Aber unsere Unterkünfte für Geflüchtete sind für 15 Jahre konzipiert, danach werden sie zu sozialem Wohnungsraum. So etwas funktioniert nur, wenn ich nicht von der Hand in den Mund lebe, sondern die Ressourcen langfristig einsetze.“

 Dieser Lösungansatz ist sehr klug. Innerörtliche Zwischenlösungen schaffen, die man später und langfristig auch dauerhaft nutzen kann. Notunterkünfte können nicht langfristig weiter genutzt werden.

 Wir brauchen bezahlbaren Wohnungen für alle, und es gibt viel zu wenig Lösungen, auch in Roßdorf. Man muss das Gesamtpaket angehen. Ein Schwerpunktthema der Roßdörfer GRÜNEN.

Wer in den Kommunen jetzt klagt, hat seine Hausaufgaben nicht gemacht.

 „Ein Beispiel: Unser Jugendamt ist auch für die sogenannten unbegleiteten, minderjährigen Ausländer: innen zuständig. Vor 2015 hatten wir damit selten zu tun, Nach 2017 haben wir die erarbeiteten Kompetenzen im Haus erhalten. Das ist für uns skalierbar: Wenn weniger Geflüchtete kommen, werden andere Arbeiten gemacht, kommen mehr haben wir die Kompetenz, damit umzugehen. Das ist ein atmendes, resilientes, nachhaltiges System, das ein Gedächtnis hat und die gemachten Erfahrungen nicht einfach löscht, sondern dafür sorgt, dass Kompetenzen auch in Ruhephasen erhalten bleiben.

Wenn wir den Wohlstand in diesem Land erhalten wollen, brauchen wir eine sinnvolle Einwanderungsdiskussion. Die aber müssen wir von der Frage trennen, wie wir Asylsuchende und vor Krieg Geflüchtete schützen.

 Wir brauchen einerseits eine strukturierte Einwanderungspolitik und dürfen andererseits nicht vergessen, dass es sich bei Geflüchteten um Menschen handelt. Artikel 1 des Grundgesetzes spricht nicht von Finanzierungsvorbehalten und imaginären Belastungsgrenzen. Es spricht von der Unantastbarkeit der Würde des Menschen. Wobei das Wichtigste im 2. Satz steht: Diese Würde zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt – und dieser Schutzauftrag bezieht sich keineswegs nur auf Deutsche.“

Für die GRÜNEN: Frieder Kaufmann mit der Redaktion

 

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