Jugendhaus statt Gaststätte Riedsbachaue

Eine verpasste Chance

 

Die Gemeinde Ober-Ramstadt hat ein eigenes Gebäude für Kinder und Jugendliche am Schwimmbad gebaut, die Stadt Dieburg hat ein eigenes Gebäude für Kinder- und Jugendarbeit zentral gelegen auf der Leer gebaut. Für ein Kinder- und Jugendhaus in Roßdorf an der Riedbachaue hatten sich die Grünen im vergangenen Jahr stark gemacht. Die dahinter stehende Idee: Die Gemeinde Roßdorf besitzt bereits ein hervorragend geeignetes Gebäude an der richtigen Stelle, das den Vergleich zu Kinder- und Jugendhäusern der umliegenden Gemeinden nicht zu scheuen braucht. Nur leider wird in Roßdorf dieses Gebäude anders genutzt: Im Untergeschoss befinden sich die Umkleideräume der Eisbahn, im Obergeschoss befindet sich eine Gaststätte mit Nebenraum, im Obergeschoss befinden sich zwei Wohnungen (34 und 104 Quadratmeter).

Die Grünen hatten daher im vergangenen Jahr eine Anfrage im Parlament gestellt, wie hoch die Unterhaltungskosten für das Gebäude sind und welche Einnahmen mit dem Gebäude erzielt werden. Das Ergebnis war beachtlich: Die Pachteinnahmen der Gemeinde für die Vermietung der Gaststätte und der zwei Wohnungen liegen bei 16.500 Euro pro Jahr, das sind 1.375 Euro pro Monat. Würde man für die beiden Wohnungen mit zusammen 138 Quadratmeter eine Miete von 5,-Euro pro Quadratmeter unterstellen, dann wäre der Anteil der Gaststätte an den Einnahmen bei etwa 700 Euro monatlich. Zahlen in ganz anderer Größenordnung haben die Grünen für die Unterhaltungskosten in Erfahrung gebracht: Die Gemeinde hat für die Gaststätte in den Jahren zwischen 1997 und 2001 (nur diese Zahlen liegen uns vor) insgesamt rund 98.000,- Euro (!) für innere Umbauten gezahlt, z.B. Fettfangfilter, Küchenheizung, Klimaanlage, Dunstabzughaue, Kioskumbau usw.. Auf gut Deutsch: Die Gaststätte kostet die Gemeinde viel mehr Geld, als sie Einnahmen erbringt.

(Einschub für interessierte LeserInnen: Wenn man die Sache kaufmännisch rechnet, sieht das Ergebnis noch viel schlimmer aus: Das gesamte Gebäude bräuchte zusätzliche jährliche Einnahmen von rund 22.000 Euro für die Deckung der Abschreibung und etwa 40.000,- für eine kaufmännische Verzinsung des Anlagekapitals…).

Unser grüner Antrag wurde im vergangenen Jahr an den Gemeindevorstand zur Prüfung überwiesen. Die Forderung nach einer Umnutzung des Gebäudes war auch ein zentrales Anliegen in unserem grünen Bürgermeisterwahlkampf. Mittlerweile (wohlgemerkt: nach der Wahl!) liegt ein Ergebnis der Prüfung vor, die Aussagen klingen zunächst positiv:

Das Gebäude ist für eine Umnutzung als Kinder- und Jugendhaus baulich sehr gut geeignet. Sowohl die Jugendförderung der Gemeinde als auch der Jugendbeirat der Gemeinde haben sich für eine Umnutzung ausgesprochen. Der Pachtvertrag mit der Pfungstädter Brauerei läuft 2005 aus, die Umbau- und Möblierungskosten für das neue Kinder- und Jugendzentrum inklusive neuer Möbel läge bei einmalig 24.000 Euro. Völlig unverständlich ist jedoch das Votum des Gemeindevorstands. Dieser schlägt den Parlamentariern vor, alles beim Alten zu belassen. Der Verzicht auf die Pacht und die Nebenkosten sei zu teuer für die Gemeinde. Wie bitte? Für diese Gaststätte werden jedes Jahr Zehntausende ausgegeben (erst vor wenigen Wochen hat die Gemeinde den Bau der neuen Terrasse bezahlt) und für die Kinder und Jugendlichen ist das zu teuer?

Was soll man da noch sagen? Da schweigt des Sängers Höflichkeit. Wenn man diese Entscheidung ganz sachlich kommentiert, müsste man sagen: Der Gemeindevorstand mit Herrn Pfeiffer an die Spitze setzt eindeutige Prioritäten zugunsten der Roßdörfer Tradition der Subventionierung der insgesamt vier gemeindeeigenen Gaststätten. Während sich der Bürgermeisterkandidat der CDU im Wahlkampf leider eindeutig ablehnend zu der Idee des Kinder- und Jugendhauses äußerte, hat sich die Wahlsiegerin und künftige Bürgermeisterin bisher bedeckt gehalten. Das Wahlkampfmotto von Frau Sprössler lautete „Frisches Denken für lebendige Politik.“ Uns Grünen bleibt daher nur eine Hoffnung. Wie wäre es, Frau Sprößler, mit frischem Denken für lebendige Kinder- und Jugendpolitik?

 

Robert Ahrnt – Die Grünen Roßdorf / Gundernhausen

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