Doppelpaß (07.02.99)
Noch nie hat eine große Volkspartei so offen Stimmung gegen eine Minderheit gemacht wie bei der als „Integration“ getarnten Unterschriftensammlung der CDU, die jeder als Unterschriften gegen „die Ausländer“ erkennen konnte.
Am besten ist es, wenn man die Menschen selbst zu Wort kommen läßt, gegen die sich diese Kampagne richtet.
Zum Beispiel den Industriekaufmann Pino Varesio (46 Jahre). „Ich denke deutsch, ich träume deutsch, ich zahle seit 24 Jahren Steuern und habe keinen einzigen Punkt in Flensburg – und dann das“, sagt der rational denkende Geschäftsmann mit italienischem Temperament zur Diskussion um die doppelte Staatsbürgerschaft. Der Mailänder fragt, was er denn sonst noch tun müsse, um endlich ein „guter Deutscher“ zu sein.
Die CDU würde sagen, seinen Paß abgeben. Doch dazu ist er ebensowenig bereit wie die Mehrzahl seiner in Deutschland lebenden Landsleute. „Im Denken bin ich längst Deutscher, aber im Herzen immer noch Italiener“ sagt Varesario. Die doppelte Staatsbürgerschaft wäre für ihn das i-Tüpfelchen für eine gelungene Integration. „Man lebt dann noch freier, gehört noch mehr dazu.“
So sieht es auch die in Deutschland als Griechin geborene Wula Patsia (22 Jahre), die seit 1995 auch den deutschen Paß hat. Die Bankkauffrau ist auch Leistungssportlerin und wollte für Deutschland starten. „Ich fühle mich als Deutsche. Und meinen Beruf könnte ich nur in Deutschland ausüben.“
Was es bedeutet, den deutschen Paß zu haben, merkt sie immer wieder. „Ich wollte mal bei einem Versand etwas bestellen, und wegen meines ausländischen Namens sollte ich es bar bezahlen und nicht per Rechnung“ erzählt Wula Patsia. Sie habe das Problem dann mit der Kopie ihres Passes gelöst. „Da faxt man den Personalausweis – und ist ein guter Mensch.“
Wir sind froh, daß die hessischen Wählerinnen und Wähler einen Strich durch die Rechnung der CDU gemacht haben, und bei der Landtagswahl für tatsächliche Integration gestimmt haben.
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